Vom Kickboss-Ass zum Profi-Boxer: Patrick Wojcicki kämpft jetzt für Sauerland

anhang3Er hat 140 Amateur-Kämpfe (109 Siege) im Boxen bestritten, stand 109 Mal auch im Kickboxen im Ring (102 Siege) und holte in der Elite in beiden Sportarten drei deutsche Meister-Titel – ab jetzt geht der Wolfsburger Patrick Wojcicki den Weg des Profi-Boxers. Als erster seines Vereins und als erster seiner Stadt. „Es war schon immer mein Traum, Profi zu werden“, sagte Wojcicki im Rahmen seiner Unterschrift unter einen Vier-Jahres-Vertrag beim Berliner Sauerland-Boxstall. Das war Ende Oktober, inzwischen ist der 24-Jährige seit gut einem Monat Profi – und hat bereits so einiges erlebt…

Dass die Unterschrift überhaupt in diesem Jahr zustande kam, darf durchaus als Überraschung bezeichnet werden. Nachdem Wojcicki 2012 bei den Olympischen Spielen in London dabei war, hatte es bereits eine Anfrage gegeben. Doch damals einigten sich beide Parteien nicht über einen Vertrag. Um Wojcicki wurde es stattdessen ruhig, der dreifache deutsche Box-Meister der Elite und Chemiepokal-Sieger startete hier und da noch in der Box-Bundesliga und bestritt einige Kickbox-Kämpfe – unter anderem sicherte er sich 2014 den internationalen DM-Titel der WAKO-Pro, gewann 2015 den World Cup in Rimini (bis 75 Kilogramm). „So richtig raus war ich nie“, sagt Wojcicki der aber zugibt: „Zu diesem Zeitpunkt war es auch für mich überraschend.“ Denn so richtig hat er nach 2012 auch nicht mehr an die Profi-Tür angeklopft mit seinen Boxkämpfen. Dennoch startete Sauerland im Sommer einen neuen Anlauf beim Wolfsburger. „Der Kontakt war nie ganz abgerissen“, so Sauerland-Geschäftsführer Chris Meyer.

Noch einmal anzufragen, war eine blendende Idee von Meyer. Denn der junge Wolfsburger, der sein Augenmerk zuletzt auf seine berufliche Weiterbildung und den Bau eines Hauses gelegt hatte, stand offenbar am Scheideweg. „Entweder ich werde Profi oder ich mache nichts mehr“, gibt Wojcicki einen Einblick in seine Gedanken der vergangenen Monate. Der Kampfsport, im speziellen natürlich das Profiboxen, darf sich glücklich schätzen, dass ein so hoch veranlagter Boxer seine Karriere nicht schon mit 24 Jahren beendet hat.

Nachdem die Tinte getrocknet war, zählte für Wojcicki, der allerdings seinem Beruf als Industriemeister bei Volkswagen weiter nachgeht, nur noch das Training. Das macht er in Wolfsburg bei Antony Spatola, der den Sportler von seinem Vater Antonino Spatola übernahm, um nicht seine Amateur-Trainerlizenz aufs Spiel zu setzen. Ganz auf die Hilfe von Antonino Spatola braucht Wojcicki, der bereits im Alter von sieben Jahren zu seinem Trainer kam, nicht zu verzichten: „Ich versuche, ihn so gut es geht zu unterstützen. Mit diesem Vertrag hat sich für ihn eine riesige Chance ergeben.“

anhang2

In der Vorbereitung auf sein Profi-Debüt ging’s auch zum Sparring mit Supermittelgewichts-Weltmeister Arthur Abraham nach Kienbaum. Und vom Champion kam ein dickes Lob, nachdem sich dieser beim Antrittsbesuch toll verkauft hatte: „Patrick ist ein talentierter Junge. Man hat schon sehen können, dass er boxerisch komplett ausgebildet ist und alles mitbringt, um in Zukunft für Furore zu sorgen.“

Gesagt, getan: Bei der Profi-Premiere in der TUI-Arena in Hannover fuhr Wojcicki im Supermittelgewicht einen ungefährdeten Sieg durch technischen K.o. in der 4. Runde gegen den erfahrenen 35-jährigen Russen Surik Donsdean ein. Hinterher sagte das AKBC-Ass: „Es war schon gut, aber ich bin nicht zu 100 Prozent zufrieden. Er hat viel geklammert und ist immer mit dem Kopf nach unten gegangen.“ Bereits in den Runden zuvor hatte „Eisenschädel“ Donsdean immer wieder harte Treffer kassiert. „Irgendwie hat er es immer wieder geschafft, sich zu erholen“, so Wojcicki.

Dass es ein steiniger Weg werden wird, bis Wojcicki auch bei den Berufsboxern die Spitze angelangt sein wird, ist ihm aber klar. Nachdem er seinen Traum vom Profi-Boxen erreicht hat, hat er natürlich bereits einen neuen: „Ich will natürlich Weltmeister werden. Ob das klappt, wird sich zeigen.“ Den ersten Schritt hat er in Hannover gemacht. Und wer Wojcicki kennt, weiß, dass er bei diesem Ziel so schnell auch nicht lockerlassen wird.

Text und Bilder: Antonino Spatola