Engagement im Sport ist auch immer Engagement für die Menschen!

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Natürlich sind Pokale und Medaillen ein großer Ansporn für die Aktiven, aber es geht um mehr: Kampfsportarten wie Kickboxen integrieren alle daran beteiligten Menschen auf vorbildliche Weise in einem gemeinsamen Miteinander. In der WAKO ist es nunmehr seit 38 Jahren Alltag, positive Charaktereigenschaften wie Disziplin, Respekt, Fleiß, Willensstärke und Ordnung etc. bei Kindern, Jugendlichen und  auch Erwachsenen zu formen.  Kickboxen beeinflusst  ausschließlich im positiven Sinn die ganze Palette des menschlichen Sozialverhaltens.
Bedauerlich ist, dass es in der Öffentlichkeit eine gewisse Kluft zu geben scheint, über die man sich nicht hinwegzublicken traut. Das Image des Kampfsportes ist wieder einmal gemeint. Es ist sehr schwer, Menschen mit vorgefassten Fehlvorstellungen die anders lautende Realität zu beweisen, zumal wenn die Medien ihren Teil dazutun.
Ganz zaghafte Blüten, die z.B. anerkannt herausragenden Sportlern des Box- und Kickboxsports von Seiten der Politik und Medien Achtung zollen, beginnen aufzublühen – Max Schmeling, Muhammad Ali, Henry Maske, die Klitschko-Brüder, Dr. Christine Theiss und Julia Irmen, um einige wenige zu nennen.
Kampfsport ist aufgrund dessen, dass sich der Einzelne im Zweikampf durchsetzen muss, auch immer etwas Personenkult – dahinter steht eine Verantwortung, der sich die Sportler bewusst sein müssen, denn sie stehen als Wettkämpfer, Trainer und Offizielle im Fokus der Öffentlichkeit und damit ist Wettkampfsport auch Politik!
Mecit Sizmaz, Chef der Kampfsportschule „Sensei“, der in diesem Jahr zum 4. Mal den „Sensei-Cup“ in Berlin ausgerichtet hat, wirkt sogar in zweifacher Richtung in Sachen Integration:
Als Deutscher mit türkischen Wurzeln hat er ein feines Händchen, in seiner Kampfsportschule mit einem Ausländeranteil von ca. 80% alle Mitglieder auf Augenhöhe zum Zug kommen zu lassen. Bei diesen Prozentzahlen wird eine Besonderheit ersichtlich: hier werden deutsche Sportler in Deutschland integriert!
Warum sollte man nicht einmal über einen Integrationspreis in einer Sportart nachdenken, die es verdient hätte?
Die WAKO wäre ohne die vielen Mitglieder mit Migrationshintergrund in Deutschland so erfolgreich gar nicht denkbar.
Integration wird in unserem Verband seit Jahrzehnten gelebt.
Erst seit in der jüngeren Vergangenheit diese Thematik öffentlich gemacht wird, haben wir auch einen Anlass zu sagen: bei uns in der WAKO Deutschland war das über das Maß hinaus schon immer eine Selbstverständlichkeit!

Mike Hauptmann (r.) traf sich mit Mecit Sizmaz (l.) am 9. Mai 2015 zu einem Interview:

WoK:    Du bietest den Sensei Cup jetzt bereits zum 4. Mal als verbandsoffene Kickbox-Veranstaltung unter WAKO-Regeln an. Woher kommen die Sportler und wie ist die Entwicklung?

M.S.:    Die Kämpfer kommen aus ganz Deutschland, und wir hatten aber auch schon Kämpfer aus Dänemark, Tschechien, Bulgarien und Polen dabei. Die Entwicklung verläuft in eine positive Richtung mit zunehmend mehr Sportlern.
Ich bin in Berlin auch der einzige, der im Turnier Ringsportarten anbietet, so dass VK und K1 Style und Lowkicker hier kämpfen können.
Viele haben gesagt, dass allein für den Ring Kosten von ca. 1000,- Euro anfallen und mir abgeraten, aber ich habe mir vorgenommen, diese meine Idee durchzuziehen und biete den Ring an.

WoK:    Ich möchte das Thema Integration ansprechen: Die WAKO lebt das von Beginn an – ich denke z.B. an Toni Spatola, der gebürtiger Italiener ist, Geert Lemmens ist gebürtiger Belgier, du hast türkische Wurzeln und bietest wie die anderen auch Sport für alle an.  Eine Selbstverständlichkeit, Integrationswille immer vorausgesetzt?

M.S.:    Für mich schon und in dieser Stadt sowieso! Ich gebe ein Beispiel: Ich habe das am Anfang „Just for Fun“ gemacht und inzwischen mache ich das professionell mit 200-230 Sportlern, die bei mir trainieren.  80 % von ihnen haben ausländische Wurzeln, bei den Kindern sind es noch mehr, vielleicht 95 %.
Hier in dieser Stadt muss ich mit einer anderen Form respektvollen Umgangs arbeiten als vielleicht anderswo. Für die Kinder und Jugendlichen bin ich ihr Meister – das ist wichtig und würde anders gar nicht funktionieren!
Außerhalb der Matte, privat,  gehe ich gern mit meinen Sportlern ein Bier trinken – auf der Matte bin ich der Meister. Es geht um Disziplin und Respekt. Wenn ich meinen alten Trainer sehe, der mittlerweile fast 80 ist, stehe ich immer auf.  Das ist mir eine Herzensangelegenheit! Der Respekt älteren Menschen gegenüber sowieso. Leider versiegt diese Haltung heute immer mehr.

WoK:    Die Medienwelt, die „Offenheit“ an manchen Schulen, die Kinder dazu anzuhalten die Lehrer zu duzen... der Zeitgeist?

M.S.:    Ja, genau, ich gebe ein Beispiel: Ich kommuniziere mit Lehrern und Schulen und habe einen guten Ruf, wenn es um Kinder und Jugendliche geht. Wer nicht nach den Regeln meines Studios mitspielt, muss gehen.  Es ist zwar nicht meine Aufgabe, aber wenn ich von meinen Schülern etwas gehört habe, was aus dem Rahmen meiner ethischen Vorstellungen fällt, sollte sich einer meiner Schüler z.B. auf der Straße geprügelt haben, dann erscheine ich dort persönlich und stelle den Schüler zur Rede.
Die wissen genau, dass ich den Kindern ans Herz lege erst auf ihre schulischen Leistungen zu achten und dann an Sport zu denken. Ich bin als Inhaber eines Studios und als Trainer auch ein Stück Sozialarbeiter!
Es ist vorgekommen, dass der Lehrer bzw. die Lehrerin dann zu mir gekommen sind und verwundert darüber waren, welche Wandlung in dem Schüler vorgeht... „Was haben Sie mit dem gemacht?“, lautet dann die Frage. Die Erzieher, mit denen ich zu tun habe, haben schnell erkannt, dass der Kampfsport einen positiven Einfluss auf den Charakter der Kinder und Jugendlichen hat.
Den Respekt, den die Kids bei mir lernen, verinnerlichen sie und nehmen ihn mit  nach draußen in ihr Leben. Sie legen ihn nicht an der Tür zum Dojo ab, wenn sie nach dem Training nach Hause gehen!
Es gibt auch Leute, die mit ihren Kindern in meinem Studio auftauchen, aber charakterlich nicht passen. Die schicke ich weg. Lieber ein paar hundert Euro weniger verdient, aber mein Gesamtkonzept dessen, das ich mir aufgebaut habe, bleibt mit der angenehmen Ausstrahlung erhalten, die ich mir wünsche. Nur so bleibt dieses Konzept eine Energiequelle für alle Nutzer meines Studios!
2014 wurde mein Verein erfolgreichster Verein in Berlin/Brandenburg im Jugend- und Juniorenbereich.

WoK:    Herzlichen Glückwunsch! Wie sehen Deine Pläne für die Zukunft aus?

M.S.:    Ich möchte noch mehr mit Schulen zusammenarbeiten, auch mit Kindergärten. „Kampfkatzen“ ist ein tolles Projekt!
Wir sprachen bereits über Integration und bei diesem Thema habe es selbst ich nicht immer leicht, trotz meiner Wurzeln. Unpünktlichkeit zum Beispiel oder Disziplinlosigkeit.
Ich habe auch deutsche Trainer eingestellt. Die haben es damit zum Teil ganz schwer, weil ihnen diese Wurzeln fehlen und damit auch eine vollkommen andere Erfahrung, die ich wiederum im Blut habe, um mit so etwas umzugehen. Ganz viel Geduld braucht man, solche Dinge zu ändern.
Der positive Ruf meines Studios spricht sich herum. Das reicht in alle ethnischen Gruppierungen Berlins hinein und dort, wo andere vielleicht noch Vorbehalte haben, funktioniert es bei mir immer besser. Der Leumund ist ganz wichtig!
Zu mir kommen Eltern, die sagen, dass ihre Kinder besser in der Schule geworden sind, seitdem sie bei mir trainieren. Sie sind ruhiger geworden, Aggressionen werden im Kampfsport nicht geschürt, sondern abgebaut. Das hat die Öffentlichkeit zum Teil noch nicht verstanden, es ist aber so!
Ich bringe dir Lehrer, die unterschreiben diese These sofort.

WoK:     Mecit, auch im Namen der Leserinnen und Leser der Wok ein ganz herzliches Dankeschön für dieses Interview und für deine Zukunft mit unserem Sport die besten Wünsche!

Die begehrten Trophäen.

Mike Hauptmann
World of Kickboxing